Was ist Movement Medicine?
Ich probiere ja immer mal wieder etwas Neues aus und davon berichte ich euch gerne hier auf meinem Blog. Gerade in Aljezur und Umgebung fällt es relativ leicht, neue Erfahrungen zu machen, da das Angebot so groß ist. Gestern war es Movement Medicine. Schonmal davon gehört?
Was ist Movement Medicine?
Im Endeffekt ist es freies Tanzen. Ein ganzheitlicher Ansatz, der Bewegung, Achtsamkeit und Körperwahrnehmung miteinander verbindet.
Gestern war ich zwar zum ersten Mal beim Movement Medicine, diese Art des Tanzens ist mir allerdings nicht ganz neu. Ich war schon bei ähnlichen Tanzevents, war daher kein vollkommener Neuling und ich konnte mir in etwa vorstellen, was mich erwartet. Ecstatic Dance und das Tanzen der Elemente sind zum Beispiel recht ähnlich. Letzteres findet sogar im Wandelraum in Overath statt, wo ich ab und an war. Susann (die Inhaberin des Raumes) und ich haben auch ein paar Mal ein gemeinsames Event angeboten: Kakaozeremonie mit anschließendem freien Tanzen. Dabei war ich für den Part der Kakaozeremonie zuständig, sie für das Anleiten des Tanz-Parts. Ach ja, wenn ich daran denke, vermisse ich das Leiten der Zeremonien, es hat mir jedes Mal unglaublich viel Freude bereitet. Ein gutes Zeichen, dass ich das zeitnah hier in Portugal anbieten sollte.
Für mich sind solche Events mittlerweile recht „normal“, vor ein paar Jahren hätte ich mich allerdings schwergetan, mich darauf einzulassen. Erstens, weil es für mich neu war, zweitens, weil es eine ganz andere Erfahrung ist als der Besuch in einem Club oder Party, wie ich es noch von früher kannte.
Ich beschreibe mal den gestrigen Abend:
Das Tanzen findet regelmäßig im Ritmo da Terra in Aljezur statt. Eine Location, in der unterschiedlichste „Conscious Events“ stattfinden, von Yoga über Ecstatic Dance, Sound Journeys und vielem mehr. Schon vor ein paar Jahren, als ich das erste Mal in Portugal war, habe ich diesen Ort für mich entdeckt und war von Anfang an begeistert. Er hat eine schöne Energie und allein schon das Angebot an Events fand ich total ansprechend. Auch damals gab es dort schon Movement Medicine mit Shivani und ich hatte auch zu dem Zeitpunkt schon vor, hinzugehen. Aus irgendeinem Grund klappte es bisher nicht.
(Ich habe vom Event keine Bilder gemacht, darf man auch gar nicht, ich reiche nochmal eines von der Jurte nach, in dem es stattfand.)
Gestern Abend, 19 Uhr also im Ritmo da Terra. Schöne Location, in einer Jurte. Ca. 20 Leute, einige davon kannte ich bereits. Zu Beginn versammelten wir uns in einem Kreis und Shivani teilte mit uns Worte zur Einleitung. Was werden wir machen, worum geht es und wie kann es aussehen. Sie tanzte ein wenig vor, so dass wir einen Eindruck davon bekamen. Schön sah es aus, sehr fließend, weiblich, sanft. Es wird auch viel von den Elementen gesprochen, man fließt/weht also wie der Wind oder lässt das Feuer in sich entstehen und bringt dieses zum Ausdruck.
Nach der Einführungsrunde ging Shivani an ihr DJ-Pult und spielte den ersten Song. Die Musik fand ich tatsächlich vom ersten Lied an richtig gut, es traf genau meinen Geschmack. Zu Beginn war die Musik ruhiger, zum langsamen Einfinden, Verbinden mit dem eigenen Körper. Shivani begleitete das Tanzen fast durchgehend mit ihren Worten. Generell kann man sagen, dass das Tanzen wie eine Meditation in Bewegung ist. Sehr achtsam. Achtsam in Bezug auf den eigenen Körper und Empfindungen und auch achtsam in Bezug auf die anderen Teilnehmer im Raum. Es wird übrigens während der ganzen Zeit nicht gesprochen. Es geht darum, bei sich selber zu bleiben.
Genau, bei sich selber bleiben, nicht darauf bedacht sein, wie die eigene Bewegung aussieht. Eher hineinfühlen, wie geht es mir gerade und wie möchte ich das im Tanz zum Ausdruck bringen. Und schon während ich das schreibe, weiß ich, dass ich das noch bis vor einigen Jahren total schräg gefunden hätte. Gefühle im Tanz ausdrücken – das ist doch verrückt. Zudem hätte ich mich nicht getraut, genau das zu machen. Ich wäre zu sehr damit beschäftigt gewesen zu überlegen, was die anderen wohl über mich denken, als dass ich das freie Tanzen hätte genießen können. Vielleicht geht es dir ja genau so, deswegen erwähne ich es 😉
Anfangs starteten wir also relativ sanft. Recht bald legten sich einige der Teilnehmer auf den Boden, wälzten sich, dehnten ihre Körper, gaben sich der Musik hin. Auch das Tönen von Lauten ist willkommen, solange sie natürlich kommen, nicht erzwungen sind. Und so hörte man schon hier und da ein Stöhnen. Auch hier kann ich wieder sagen: für mich ist das mittlerweile normal geworden, da ich schon auf vielen Events war, auf denen es ähnlich „laut“ war. Ich erinnere mich allerdings noch an mein erstes Ecstatic Dance in Ubud, Bali (by the way: der absolute Hammer, ich habe es geliebt!).
Abgesehen davon, dass dort recht viele bunte Menschen herumliefen, erinnere ich mich daran, dass beim Verlassen des Raumes, also nach dem Tanzen, eine Frau auf dem Boden saß, am ganzen Körper zitterte und Stöhn-Geräusche von sich gab. Damals konnte ich damit nicht viel anfangen und ich fragte mich, was mit ihr los war. Da ich davon ausging, dass es ihr gut ging (so wirkte es), erklärte ich es mir mit Energien und dem Loslassen von Blockaden im Körper durch den ekstatischen Tanz. Heute weiß ich noch mehr, dass Emotionen verarbeitet werden und ein Trauma-Release stattfindet.
So war auch gestern jeder in seinem Prozess. Und ja, man kann sagen, dass bei dieser freien und ungehemmten Tanzform und durch die Verbindung zum eigenen Körper, Emotionen gelöst werden.
Nach den ersten ruhigeren Songs wurde die Musik bereits etwas ekstatischer und die meisten Leute standen langsam auf und bewegten sich zur Musik. Das kann bei jedem anders aussehen. Der eine tanzt zu einem schnelleren Song langsamer, der andere zu einem langsameren Song schneller. Je nach dem, wonach der Person gerade ist. Denn darum geht es. Hineinfühlen. Was brauche ich gerade? Wonach ist mir? Ich persönlich schließe daher gerne meine Augen um mehr bei mir zu bleiben und mich nicht allzu sehr abzulenken davon, wie sich die anderen bewegen. Ansonsten ertappe ich mich nämlich doch manchmal dabei, dass ich Bewegungselemente von anderen Personen im Raum aufgreife. So ist es aber gar nicht mehr „mein“ Tanz, was es ja eigentlich sein sollte.
Mit der Zeit schwirrten also 20 Körper durch den gar nicht so großen Raum, bzw. die Jurte. Immer achtsam darauf bedacht, niemandem in die Quere zu kommen und dennoch den Raum für sich selber einzunehmen. Auch das lernt man hier: den Raum für sich zu schaffen, für die eigene Präsenz. Du musst dich nicht klein machen, nimm dir den Raum, den du brauchst.
Die Musik baute sich langsam auf, wurde schneller, wilder. So auch die Bewegung der meisten Tänzer/innen. Ich glaube, viele, so wie ich auch, spürten an einem gewissen Punkt eine Schwere und waren kurz davor, sich in eine Ecke zu setzen. Nach 1 ½ Stunden dachte ich „eigentlich reicht es mir jetzt“, tanzte dennoch weiter. Bei einigen Personen im Raum nahm ich Traurigkeit wahr, es lösten sich Emotionen über Tränen oder Schreie. Es ist schon interessant, was diese Form des Tanzens bewirken kann. Es ist eine Art der Körpertherapie. Ich hingegen fühlte mich leicht und unbeschwert. Es machte mir einfach Spaß, zu tanzen, ich fühlte mich mit mir selber gut.
Kurz danach kam ein erneuter Peak in der Musik, der neue Energie in mir freisetzte. Dennoch war ich froh, als nach 2 Stunden der Cooldown mit sanfterer Musik eingeleitet wurde. Das war genau so eine runde Sache, länger musste es für mich nicht gehen. Zum Schluss bewegten wir uns wieder mehr Richtung Boden, bis alle lagen und die letzten sanften Klänge in Entspannung aufnahmen. Ein wenig wie im Savasana beim Yoga. Zeit zum Integrieren und Nachspüren.
Bevor wir wieder in unterschiedlichste Richtungen nach Hause aufbrachen, kamen wir erneut, wie am Anfang, im Kreise zusammen, hielten unsere Hände und atmeten 3 Mal tief gemeinsam ein und aus. Wer mochte, konnte Erfahrungen teilen, die während des Tanzens gemacht wurden. Dazu meldeten sich ein paar Teilnehmer zu Wort. Mir persönlich war nicht mehr nach Reden, eher nach nach Hause fahren und ins Bett gehen. Das Schöne ist ja: alles ist ok. Man kann etwas teilen, muss aber nicht. Und man muss sich nicht schlecht fühlen, weil man nichts mehr sagen möchte.
Der Movement Medicine Abend hat mir sehr gut gefallen und ich werde sicherlich wieder hingehen.
Gibt es das oder eine ähnliche Veranstaltung auch bei dir in der Nähe? Hast du sie schon besucht oder möchtest es einmal ausprobieren?