Bali – So geht Entspanntheit und Spiritualität im alltäglichen Leben
Ich bin gerade auf meiner Lieblingsinsel, auf Bali. Warum ich es hier so gerne mag? Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: es ist tropisch und exotisch, die Natur ist einzigartig und ganz besonders, ich habe bisher nirgendwo auf der Welt so sympathische, freundliche und entspannte Menschen kennengelernt. Sie strahlen eine unglaubliche Wärme, Freundlichkeit und Weisheit aus. Die Kultur fasziniert mich, das Essen ist fantastisch und gerade für Veganer ein Traum, das Angebot an Yoga und spirituellen Events ist groß, es gibt tolle Massagen und ich liebe dieses Gefühl der Freiheit, mit dem Roller umherzufahren. Das Angebot ist in vielen Bereichen riesig, manchmal erschlägt es mich sogar ein wenig. Das, was mich allerdings am allermeisten beindruckt, ist die Natur, sie macht Bali zu einer magischen Insel.
In den letzten Jahren hat es mich mehrmals hierhergezogen, insgesamt habe ich schon über 8 Monate hier verbracht. Anfangs war ich gar nicht allzu begeistert, viele Orte sind sehr touristisch, ich würde sagen, überlaufen. Und tatsächlich hatte ich mir die Strände etwas schöner vorgestellt. Allerdings ist es wie so oft im Leben: legt man seine Erwartungen beiseite, können ganz wunderbare Dinge entstehen. Ich habe mit der Zeit für mich herausgefunden, wo ich es besonders gerne mag und wo ich lieber nicht hinfahre, weil es mir einfach zu viel ist.
Und so bin ich nun nach 2 ½ Jahren wieder hier, es fühlt sich ein wenig an wie nach Hause kommen. Weil ich hier schon viel Zeit verbracht habe und ich mich hier wohlfühle. Ich bin schon sehr viel gereist, allerdings gab es wenige Orte auf dieser Welt, an denen ich mir vorstellen könnte, für eine längere Zeit zu leben. Hier habe ich es.
Schon auf der Taxi-Fahrt vom Flughafen zum Hotel wurde ich daran erinnert, wie entspannt die Balinesen sind – auch in dem sehr hektischen Verkehr. In Deutschland wird auf den Straßen viel gehupt, gedrängelt, es gibt bestimmte Regeln, damit der Verkehr überhaupt fließen kann. Hier ist es anders. Auch, wenn auf den Straßen sehr viele Motorräder und Autos unterwegs sind und es im ersten Moment nach reinstem Chaos aussieht, erkennt man nach genauerem Hinsehen einen Flow, bei dem die Menschen Rücksicht aufeinander nehmen, auf den Anderen achten und auch zurückstecken. Es gibt keine Vorfahrtsregelung an einer Kreuzung. Nein, es fährt der, der zuerst da ist. Wir fragen, was passiert, wenn 2 Autos gleichzeitig dort ankommen? Unser Fahrer versteht die Frage zuerst gar nicht. Na dann verständigt man sich durch Blickkontakt und klärt somit, wer fährt. Ob das bei uns auch so funktionieren würde? Ich bin mir unsicher…
Und wie entspannt der Fahrer wirkt. Es ist ihm egal, wie lange wir im Stau stehen und ob sich von der Seite noch ein Roller vor unser Auto schleicht. Als wir fragen, ob er manchmal flucht, wenn er im Stau steht, sagt er: nein, wir fluchen nicht. Was würde das denn ändern? Dann würde ich doch immer noch im Stau stehen. Recht hat er! Balinesen leben eine ganz natürliche Spiritualität. Auch wenn die wenigsten Yoga machen oder meditieren, so praktizieren sie doch ein alltägliches Yoga, vor allem dadurch, dass sie gut mit Ihren Mitmenschen umgehen. Sie glauben an Karma und an Wiedergeburt. Das Gesetzt des Karmas bestimmt das Schicksal des Menschen aufgrund seiner Handlungen. Wenn man Gutes tut, erhält man Gutes. Und genau diese Einstellung spürt man meiner Meinung nach bei den meisten Balinesen, was die Atmosphäre auf der Insel ganz besonders angenehm macht.
An unserem 2. Tag fahren wir direkt weiter auf die Insel Nusa Lembongan, wo wir auf die außerordentlich auskunftsfreudige Gastgeberin Illu treffen. Das passt gut, denn mein Freund, der zum 1. Mal auf Bali ist, hat jede Menge Fragen. Sie erklärt uns unter anderem, wie ihre Tempel aufgebaut sind und zu welchen Göttern sie beten. Die drei Hauptgötter sind Brahma (der Schöpfer), Vishnu (der Bewahrer) und Shiva (der Zerstörer), für welche sie sich im Tempel fürs Gebet in jeweils unterschiedliche Himmelsrichtungen ausrichten. Die wenigsten würden sich hier wahrscheinlich spirituell nennen, ihre Einstellungen sind stark durch die Religion, den Hinduismus und die Kultur geprägt.
Illu erzählt uns, dass sie auf der Insel aufgewachsen ist und daher fast jeden Einheimischen kennt. Für Balinesen spielt die Familie eine große Rolle, viele leben sehr eng mit dem Großteil der Familie zusammen, was wir uns in Deutschland oft gar nicht mehr vorstellen können. Neben der Familie sind auch Nachbarn ein wichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens. Illu kennt ihre Nachbarn sehr gut, es sind eher, man hilft sich und teilt untereinander, wo möglich. Als wir sagen, dass wir bis vor Kurzem in einer Stadtwohnung gelebt haben, in der wir die wenigsten im gleichen Haus lebenden Nachbarn kannten, ist sie mächtig erstaunt und kann es kaum glauben. Wenn ich so davon erzähle, finde ich es selber komisch. Warum ist man sich in der Stadt eigentlich so fremd und jeder will sein eigenes (oft isoliertes) Leben führen? Sicherlich gibt es für beide Varianten Vor- und Nachteile. Wir in Deutschland versuchen schon stark unsere Individualität zu leben, unseren eigenen Weg zu gehen, unabhängig von der Familie und anderen Leuten um uns herum zu sein. So können wir leben, wie es uns selber gefällt und uns guttut. Ich weiß nicht, ob die Leute hier sich überhaupt diese Frage stellen. Und dennoch habe ich das Gefühl, dass es hier mehr glückliche, zufriedene, gelassenere Menschen gibt als bei uns.
In unserem Gespräch mit Illu merken wir, dass sie sich wirklich Gedanken um ihre Gäste macht und an ihrem Wohlbefinden interessiert ist. Illu sagt, dass sie jedes Mal froh ist, wenn die Gäste heile bei ihr in der Unterkunft angekommen sind und ihnen auf dem Weg dorthin nichts passiert ist. Auch bei diesem so schnell formulierten Satz schwingt unglaublich viel Herzenswärme mit. Ich kann nicht sagen, dass es das in Deutschland nicht gibt, allerdings finde ich die sehr positive Grundstimmung hier schon sehr auffällig. Zudem habe ich das Gefühl, dass es auch bei der Arbeit nicht ausschließlich ums Geld verdienen geht, sondern immer noch das Wohl der Menschen beachtet wird.