Breathwork – Klarheit und Entspannung durch den eigenen Atem

Heute war ich beim Breathwork. In der gleichen Location, in der ich schon vor drei Jahren war, im Yogastudio Radiantly Alive in Ubud, Bali. Schon damals empfand ich diesen Atemkurs als sehr intensiv, es war eine abgefahrene, neue Erfahrung, die ich auf jeden Fall noch einmal erleben wollte. Leider gab es seitdem keine Gelegenheit dazu. So wusste ich schon nach der Buchung des Fluges nach Bali, dass ein Besuch der Breathwork Klasse gesetzt ist.

Breathwork_Radiantly_Alive

Zu Hause mache ich selber öfter Atemübungen und auch in meinen Yogastunden integriere ich Pranayama, allerdings ist dieses Breathwork nochmal anders, es geht viel tiefer. Die Beschreibung des Studios lautet folgendermaßen:

„Breathwork ist eine einfache Atemübung, die eine bewusste, verbundene Atemtechnik verwendet, um das Bewusstsein zu erweitern, festgefahrene Energie zu bewegen, unterdrückte Emotionen und einschränkende Überzeugungen loszulassen. Viele Menschen, die Atemarbeit praktiziert haben, haben sie als die kraftvollste Erfahrung ihres Lebens bezeichnet.“

Ich kann vorwegnehmen, dass ich es ebenso als sehr kraftvolles Tool sehe, um emotionale Blockaden zu lösen. Im gesamten Körper passiert so viel, dass es sich anfangs verwirrend und unangenehm anfühlen kann.

Nun zu den Details. Was macht man überhaupt während einer Breathwork Stunde? Beide Klassen, die ich besucht habe, waren ziemlich unterschiedlich. Das Element, das bei beiden gleich war, war das Atmen durch den geöffneten Mund für eine sehr lange Zeit, mindestens 45 Minuten. Na klar könnte man jetzt denken: atmen tue ich doch ständig, was soll hierbei so anders sein? Dadurch, dass man die Luft intensiv bei der Einatmung in den Körper „pumpt“, nimmt man übermäßig viel Sauerstoff auf, was man sonst nicht gewohnt ist. Dadurch kann es zu unterschiedlichen Reaktionen kommen, z.B. fangen Körperteile oder auch der gesamte Körper an zu kribbeln.

Während meiner ersten Breathwork Erfahrung war genau das der Fall. Wir lagen die kompletten 90 Minuten auf dem Boden, haben aktiv und relativ schnell durch den geöffneten Mund geatmet. Es hat nicht lange gedauert, bis es in meinen Händen anfing zu kribbeln, dann in den Armen, in den Beinen, am Mund, im ganzen Gesicht. Ich habe es als unangenehm empfunden und ich war mir nicht sicher, ob es genau so sein sollte oder ob ich lieber aufhören sollte, bevor ich hyperventilieren würde. Da eine erfahrene Kursleiterin anwesend war, habe ich mich auf ihre Expertise verlassen und einfach weitergemacht, wenn auch etwas weniger inbrünstig als am Anfang der Klasse.

Was ist sonst noch in meinem Körper passiert? Gar nicht so viel. Aber ich hatte doch gehört, dass Breathwork so viel bewirken soll. Sollte es normal sein, bestimmte Visionen zu haben, geistig abzuheben, sich „high“ zu fühlen? Also wenn ich danach gehe, was meine Nachbarn für Geräusche von sich gaben, dann ja.

Und da waren sie wieder: meine Gedanken! Ja, ich denke sehr viel. Das wurde mir schon oft gesagt und natürlich weiß ich das auch. Was dagegen hilft? Relaxen! Wenn das mal so einfach wäre. Wahrscheinlich bedeutete das bezogen auf diesen Moment, sich einfach fallen zu lassen, zu akzeptieren, was gerade ist, wahrnehmen, nicht bewerten, sich auf die Erfahrung einlassen. Nicht zwischendurch die Augen zu öffnen, so wie ich es tat, um bei den anderen Teilnehmern zu schauen, was sie gerade machen, mich mit ihnen zu vergleichen um mein Verhalten eventuell anzupassen. Hmm, ich muss sagen, das fällt mir schwer. Immer wieder ist genau das eine große Challenge für mich. Damals konnte ich meine Gedanken nicht ganz abschalten.

Nach ca. einer Stunde (vielleicht war es auch weniger, ich kann es gar nicht mehr genau sagen) intensivem Atmen wurden wir langsam ruhiger, kamen in die Stille, zurück zum normalen Atem. Ein wenig war ich froh, dass es vorbei war, gleichzeitig habe ich es als sehr bereichernd wahrgenommen. Erst als ich aus dem Raum ging, bemerkte ich den sehr positiven Effekt auf meinen Körper und meinen Geist. Ich hatte das Gefühl, aus dem Raum zu schweben. Ich fühlte mich so leicht wie eine Feder, meine Gedanken waren klar und es ging mir rundum gut. Wow, das hätte ich gar nicht erwartet. Das, was ich danach nicht wollte, waren viele Menschen um mich herum, Gespräche und Lärm. Also spazierte ich aus dem Gebäude in eine kleine, ruhigere Gasse, in der ich erst einmal für mich sein konnte und sich alles Erlebte setzen konnte. Es war nicht so, dass ich ganz konkret sagen konnte, welche Blockade ich losgelassen oder bearbeitet hatte. Weder während der Stunde noch danach hatte ich konkrete Bilder oder Situationen im Kopf. Dennoch wusste ich, dass es extrem hilfreich und heilsam war. Und dass ich irgendwann noch einmal zu so einer Stunde gehen wollte, wenn auch nicht in nächster Zeit, da ich doch etwas Respekt vor den körperlichen Reaktionen hatte.

Breathwork_Kursraum

Dass aus dieser Wartezeit fast 3 Jahre wurden, hätte ich nicht gedacht. Gestern war es dann endlich wieder so weit. Gleicher Ort, andere Lehrerin. Vor der Klasse war ich tatsächlich etwas aufgeregt, gleichzeitig gespannt, ob es dieses Mal anders werden würde. Und das wurde es. Die Lehrerin sagte gleich zu Beginn, dass wenn wir schon einmal Breathwork gemacht hätten, dies eine wahrscheinlich etwas andere Stunde als die Bekannte würde. Sie erklärte, dass wir uns bewegen könnten und zeigte uns verschiedene Varianten, um die durch den Atem im Körper entstehende Energie freizulassen oder auszudrücken. Wir würden im Sitzen starten und könnten zum Beispiel unsere Arme bewegen. Wenn wir Blockaden in der Hüfte oder im Rücken spürten, könnten wir in den Vierfüßlerstand gehen und die Hüfte kreisen oder andere Bewegungen machen. Wer wollte, könnte sich hinstellen oder auch hinlegen. Allerdings hat sie von Letzterem eher abgeraten. Das war der größte Unterschied zu der 1. Klasse Jahre zuvor, in der wir durchwegs auf dem Rücken lagen und uns gar nicht bewegt haben. Jetzt kann ich sagen, dass die Bewegung genau das Richtige für mich war.

Gestartet haben wir mit einer Meditation im Sitzen und dann ging das Atmen los. Intensives Ein und Ausatmen durch den Mund. Die Einatmung soll intensiver sein als die Ausatmung. Dreht man dies um, entsteht schneller das Kribbeln im Körper, was vermieden werden soll. Wenn es geschieht, sollten wir unsere Hände schütteln und das Atemverhältnis wieder umdrehen. Es hat nicht lange gedauert, bis ich das Gefühl hatte, mich bewegen zu müssen. Wie die Lehrerin sagte: lasst euren Körper durch die Atmung bewegen, denkt nicht darüber nach. Das hat dieses Mal sehr gut funktioniert. Eventuell waren meine Tanzerfahrungen in den letzten Jahren hilfreich, bei denen ich gelernt habe, mich freier zu bewegen, einfach meinen Körper fließen zu lassen und nicht darum besorgt zu sein, was andere von mir denken. Und bei Tanzerfahrung meine ich nicht das tanzen im Club, sondern beim Ecstatic Dance und Tanzmeditationen. Für mich eine wunderbare Möglichkeit, meine Energien auszulassen.

Anfangs bewegte ich meine Arme, ließ meinen Kopf kreisen, meinen ganzen Oberkörper. Als die Lehrerin sagt, dass wir die Atmung intensivieren können, wenn wir das Gefühl haben, es wirkt nicht für uns, probiere ich auch das. Oh ja, das tut gut. Nach einer Weile fängt allerdings wieder meine Oberlippe an zu kribbeln, ebenso andere Bereiche in meinem Gesicht. Wie soll ich das nun stoppen? Gut fühlt es sich nicht an. Passenderweise kommt genau in dem Moment die Lehrerin zu mir und fragt, ob es für mich funktioniert. Als ich erkläre, dass mein Gesicht kribbelt, rät sie mir, mich im Vierfüflerstand zu bewegen. Und… es hilft direkt. Ein paar Minuten später kann ich ebenso meine Gedanken daran, was meine Nachbarn machen und ob ich mich anpassen müsste, loslassen und versuche, mich ganz auf meine eigene Reise einzulassen. Es gelingt. Mein Körper fließt in Einklang mit meinem Atem und der euphorisierenden Musik, meine Gedanken stoppen – ein schönes Gefühl. Vielleicht muss die Erfahrung ja gar nicht extrem sein, sondern darf sich einfach gut anfühlen?! Es zeigt mir mal wieder, dass ich sonst sehr stark vom meinem Kopf und meinen Gedanken getrieben bin und ich mich noch mehr entspannen darf. Auch beim Breathwork entsteht für mich das Schöne, wenn ich mich entspanne und „einfach“ loslasse. Wir haben bestimmte Vorstellungen davon, wie etwas zu sein hat, vielleicht auch Ängste, dass etwas Bestimmtes passieren könnte. Je mehr wir uns davon lösen, desto offener werden wir für wunderbare Erlebnisse, Erfahrungen und für die Wunder dieses Lebens 🙂

Nach einiger Zeit sagt die Lehrerin, wir sollen den Atem ruhiger werden lassen, ebenso die Bewegungen. Huch, ist schon das Ende der Stunde gekommen? Dieses Mal könnte es für mich gerne noch länger gehen, ich genieße dieses Breathwork und was es mit mir macht. Langsam werden alle im Raum ruhiger, einige sitzen, andere liegen. Es gleicht einer Schlussentspannung beim Yoga. Die Musik wird ebenso ruhiger, setzt nach ein paar Minuten ganz aus. Als nach einer Zeit der Stille die ersten Worte der Lehrerin ertönen, weiß ich, dass wir nun am Ende der Klasse angekommen sind. Ich stehe beseelt auf, fühle mich ganz leicht. In sanften Bewegungen verlasse ich den Raum, möchte auch dieses Mal spazieren gehen, laufe den gleichen Weg entlang und spüre nach. Hach, was für ein wunderbares Gefühl. Auch mein Freund, der sich auf diese für ihn neue Erfahrung eingelassen hat, sieht rundum zufrieden aus, seine Augen strahlen. Anschließend tauschen wir uns über unsere beiden unterschiedlichen Reisen und Eindrücke aus und kommen beide zu dem Entschluss, dass wir das gerne nochmal machen möchten. Am liebsten nicht erst wieder in drei Jahren 🙂

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